Von der Idee zum klaren Projektziel – Methoden zur Zielfindung

Pragmatisches Projektmanagement
Herzlich Willkommen zu einer neuen Ausgabe vom Pragmatischen Projektmanagement, deiner Quelle für Informationen und Inspiration zu alltäglichen Herausforderungen im Management von Softwareentwicklungsprojekten. Dich erwarten Einblicke, Erfahrungen und unsere individuellen Ansichten zu Methoden, Werkzeugen, Vorgehensweisen und Fragen aus dem Leben eines Projektmanagers.
Oft starten Projekte mit einer vagen Idee oder einer allgemeinen Problemstellung. Doch ohne klare Ziele besteht die Gefahr, dass das Projekt in verschiedene Richtungen läuft, Ressourcen verschwendet werden oder die Erwartungen unklar bleiben. Die richtige Methode zur Zielfindung hilft, Struktur in den Prozess zu bringen und die Projektbeteiligten auf eine gemeinsame Richtung einzuschwören. Doch welche Techniken gibt es, um aus einer Idee konkrete, umsetzbare Projektziele zu formulieren? In diesem Artikel stelle ich dir unseren Ansatz vor, mit dem du deine Ziele systematisch herausarbeiten kannst.
Mit Design Thinking zum Ziel
Design Thinking als Methode ist nicht neu. Die Methode wurde in den 1990er Jahren von David Kelley und Larry Leifer geprägt und etablierte sich zunächst in der Produkt- und Softwareentwicklung.
Im Design Thinking werden verschiedene Phasen durchlaufen. Phase 1, Einfühlen, dient dem Aufbau von Verständnis für die Nutzer und Nutzergruppen, deren Herausforderungen gelöst werden sollen. In Phase 2, Beschreiben, geht es darum, die Herausforderungen besser zu verstehen und möglichst umfänglich zu beschreiben. Phase 3, Ideen entwickeln, hat die Generierung von Ideen zur Lösung der Herausforderung zum Ziel. In Phase 4, Prototypen bauen, geht es darum, die Ideen schnell erlebbar zu machen. Phase 5, Testen dient dem Validieren und Verbessern.
Design Thinking und seine Phasen leben dabei von 2 Dingen: dem richtigen Setup sowie einem iterativen Vorgehen in schnellen Zyklen. Zum richtigen Setup gehören neben der notwendigen Zeit (unser Minimalgerüst kann hier eien erste Indikation liefern) und einem Arbeitsumfeld, dass Kreativität zulässt (Präsenz und analog schlagen hier meist Remote und Digital), insbesondere das richtige Team. Hierbei wird gern von T-shaped people gesprochen, also von Personen mit tiefer Expertise bei gleichzeitiger breiter, interdisziplinärer Kompetenz und Kollaborationsfähigkeit.
Unser Minimalgerüst:
Phase | Minimale Dauer |
---|---|
Einfühlen | 1–2 Stunden |
Beschreiben | 4 Stunden |
Ideen entwickeln | 2–4 Stunden |
Prototypen bauen | 3 Stunden |
Testen | 3 Stunden |
Auch wenn es mit diesem Minimalgerüst möglich scheint, ein Projekt innerhalb eines Workshoptags zu beschreiben (wir Bauen und Testen noch nicht), sei erneut darauf hingewiesen, dass es sich um einen iterativen Prozess handelt. Das Ergebnis nach einem Tag ist im besten Fall eine gemeinsame Richtung und grobe Idee zu Aufwänden und Dauern. Oft reicht dies aber schon, um noch vor der Beschreibung der Ziele ein erstes Commitment für das Fortsetzen oder aber die Entscheidung zum Abbruch zu treffen.
Für jede der fünf zuvor genannten Phasen gibt es unzählige Formate. Dennoch haben wir unsere “Lieblinge”:
Phase | Format |
---|---|
Einfühlen | Stakeholder-Mapping dient der Identifikation und Visualisierung der wichtigsten Stakeholder und ihrer Beziehungen. |
Empathy Maps werden zur Darstellung der Perspektiven und Bedürfnisse der Nutzer genutzt, um ein besseres Verständnis zu entwickeln. | |
Beschreiben | Personas sind fiktiven Nutzerprofile, die typische Eigenschaften und Bedürfnisse der Nutzer repräsentieren. |
User Journey Mapping dient der Visualisierung der Schritte, die ein Nutzer durchläuft, um ein Ziel zu erreichen. | |
Ideen entwickeln | Six thinking Hats hilft dabei, verschiedene Denkweisen bei der Betrachtung der Herausforderung einzunehmen. Die verschiedenen Denkweisen werden durch “Hüte” symbolisiert. |
6-3-5 Methode ist eine Brainstorming-Technik, bei der sechs Teilnehmer jeweils drei Ideen in fünf Schritten gemeinsam entwickeln. | |
SCAMPER ist eine Kreativitätstechnik, die durch gezielte Fragen bestehende Ideen weiterentwickelt. | |
Prototypen bauen | Storyboarding dient der visuellen Darstellung von Abläufen oder Szenarien in Form von gezeichneten Bildern. Sie ist die schnellste Protoyping-Methode und funktioniert auch am Whitebaóard oder auf Papier. |
Wireframing beschreibt die Erstellung von schematischen Entwürfen für Benutzeroberflächen. Hier kommen häufig Tools wie Figma oder Canva zum Einsatz, aber auch Powerpoint und Visio begegnen uns oft. | |
Rapid Prototyping bezeichnet die schnelle Erstellung von Modellen oder Prototypen zur Veranschaulichung von Ideen i.d.R. durch Code. | |
Testen | Usability Testing dient der Überprüfung der Benutzerfreundlichkeit eines Produkts durch Tests mit echten Nutzern. |
A/B-Testing erlaubt den Vergleich zweier Varianten einer Lösung, um die effektivere Option zu ermitteln. |
Motivation und Wirtschaftlichkeit
Unabhängig von der Methode oder einzelnen Formaten gibt es für uns zwei weitere grundlegende Dinge, die zu betrachten sind. Zum einen steht die Frage nach der Motivation für ein Projekt. Warum will jemand dieses Projekt durchführen? Simon Sineks Golden Circle kann helfen, die erste Antwort auf die Frage nach der Motiviation hinter einem Projekt zu finden. Erfolgreiche Projekte, können das “Warum?” ganz klar beantworten und die mit Design Thinking herausgearbeiteten Lösungen. Ein anderer Punkt ist für uns die Betrachtung der Wirtschaftlichkeit des Projekts. Wie viel Benefit kann durch das Projekt erzielt werden und wie viel darf das Projekt demzufolge maximal kosten. Sicher wird sich diese Frage zu Beginn nicht konkret beantworten lassen, aber ein Rahmen kann nahezu immer benannt werden. Und ein Kostenrahmen kann den Lösungsraum durchaus einschränken.
Fazit
Mit Design Thinking hat sich eine Methode auch in unserem Alltag bewährt, mit der wir uns schnell von vagen Ideen zu konkreten Projektbeschreibungen mit klaren Zielen bewegen können. Wie konkret dabei die Beschreibung ausfallen muss, hängt auch von der Form der angestrebten Zusammenarbeit ab. Ob eine Lieferung in Form eines Dienstleistungsvertags oder eines Werkvertrags erfolgen soll, hat maßgeblichen Einfluss auf die Intensität und Ausprägug der Design-Thinking-Phasen. Daher widmen wir uns im nächsten Teil unserer Serie einer Grundlage dieser Entscheidung und öffnen die Arena für den Wettbewerb zwischen Wasserfall und Agile. Bis dahin freue ich mich wie immer auf Eure Reaktionen auf LinkedIn.